Kria K24: Motorsteuerungen schneller entwickeln (2024)

Adaptives System-on-Module Kria K24: Motorsteuerungen schneller entwickeln

Von Michael Eckstein 6 min Lesedauer

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AMD erweitert sein mit Xilinx eingekauftes Portfolio an adaptiven System-on-Modules um eine Version für elektrische Antriebssteuerungen. Das KD240 Drives Starter Kit und abgestimmte Apps aus dem zugehörigen App Store sollen den Entwurf energieeffizienter, produktionsreifer Systeme beschleunigen.

AMD hat das Kria K24 System-on-Module (SOM) und das passende KD240 Drives Starter Kit vorgestellt. Es sind die neusten Ergänzungen des Kria-Portfolios von adaptiven SOMs und Entwickler-Kits des Herstellers, konkret des für Vision AI und Robotikanwendungen optimierten Kria K26 mit den jeweils abgestimmten Starterkits KV260 Vision AI und KR260 Robotics. Kria K24 SOM stellt laut AMD trotz seines sehr kompakten Formfaktors – es ist nur halb so groß wie eine Kreditkarte und somit deutlich kleiner als die K26-SOMs – eine hohe Rechenleistung pro Watt bereit.

Möglich macht dies unter anderem das InFO-Gehäuse (Integrated Fan-Out) des verbauten FPGA-MPSoC-Bausteins Zynq UltraScale+ – eine Innovation des Chipherstellers und AMD-Zulieferers TSMC. Durch dieses fortschrittliche Wafer Level Packaging ist der verlötete Baustein kaum größer als der eigentliche Siliziumchip. Gegenüber dem größeren, anschlusskompatiblen Kria K26 SOM soll das K24 nur halb so viel Energie benötigen. Nach eigenen Angaben zielt man damit auf preisempfindliche industrielle und kommerzielle Edge-Anwendungen, vor allem im Bereich der elektrischen Antriebssteuerung.

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„Ineffiziente Antriebssteuerungen verbrauchen viel Strom“

Im Gespräch mit ELEKTRONIKPRAXIS hebt Chetan Khona, Senior Director, Industrial, Vision, Healthcare & Sciences von AMD hervor, dass in eben diesem Bereich zunehmende Herausforderungen zu bewältigen seien. Viele Fabriken würden Hunderte von elektrischen Motoren einsetzen, die Roboter, Fließbänder und andere Anlagen antreiben. Diese Motoren seien global gesehen für etwa 70 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in der Industrie verantwortlich (1). Schon kleine Optimierungen bei der Ansteuerung könnten daher zu erheblichen Energieeinsparungen führen, was gleichzeitig der Umwelt zugute käme und die Betriebskosten senken könne. Neue Materialien und Motortypen würden sowohl die Effizienz als auch die Leistungsfähigkeit verbessern. Doch um diese Potenziale nutzen zu können, „ist mehr digitale Signalverarbeitung nötig“, sagt Khona.

Hier setzt das K24 SOM an: Nach Angaben des Herstellers ist es auf rechenintensive digitale Signalverarbeitung (Digital Signal Processing, DSP) ausgelegt und erreicht etwa bei der Steuerung elektrischer Antriebe und Motorcontroller im Edge-Bereich sehr geringe Latenzwerte. Ein Grund dafür sei die FPGA-basierte Adaptive-Computing-Architektur des Zynq-Bausteins, die dank starker Parallelisierung einen sehr hohen Durchsatz ermögliche. „Wie genau die Rechenblöcke angeordnet werden und wie weit die Parallelisierung reichen soll, entscheidet jeder Entwickler anhand der Anforderungen seiner Applikation“, erklärt Khona. So ließen sich sowohl die Taktfrequenz als auch die Zahl der aktiven MACs festlegen, um eine bestmögliche Energieeffizienz zu erlangen.

Blick unter die Haube: Das steckt im K24 SOM

Neben den 154.000 programmierbaren Logikelementen des integrierten FPGAs (Field Programmable Gate Array) beherbergt das speziell für das K24 SOM angepasste MPSoC (Multi Purpose System-on-a-Chip) laut AMD einen A53 Vierkern- sowie einen R5F-Zweikernprozessor von Arm. Diese können auf 2 GByte 32-Bit-LPDDR4-Arbeitsspeicher zugreifen, wobei die für den industriellen Einsatz ausgelegten K24-SOMs ECC-Fehlerkorrektur unterstützen. Als Betriebssystem lässt sich demnach das neuste Ubuntu OS (Version 22.04) einsetzen. Als Sicherheitsfunktionen hat AMD ein Trusted Platform Modue (TPM) der Version 2.0 als Hardware-Vertrauensanker (Root of Trust) implementiert.

Zur Verfügung stehen 132 Ein- und Ausgänge, die sich nach Angaben von Khona flexibel für die Anbindung zum Beispiel von Motoren und Sensoren nutzen lassen. Ebenfalls an Bord des K24-SOMs sind vier 1-Gigabit-Ethernet-Schnittstellen, die auch zusammengefasst arbeiten können. Über die programmierbare Logikeinheit und die GPIOs lässt sich auch eine TSN-Schnittstelle generieren. Die vier vorhandenen USB-Anschlüsse teilen sich auf die Versionen 2.0 und 3.0 auf.

So gerüstet erreicht K24 bei deterministischen Berechnungen laut Khona eine Latenz von 120 ns – und wäre damit deutlich schneller als der AM64XX-Baustein von Texas Instruments, der minimal 276 ns erreicht. Zumindest bei den von AMD durchgeführten Vergleichsmessungen. Auch bei der Energieeffizienz soll sich das K24-SOM sehr gut schlagen: Da das Kria K24 SOM die erforderliche Rechenleistung mittels starker Parallelisierung bereits bei niedrigen Taktraten erreicht, kommt es bei Motorsteuerungsanwendungen mit minimal 2,5 W aus. Zum Vergleich: AMD gibt für die gleiche Anwendung 15 W für Jetson TX2 und 10 W für Jetson Nano an, beides sind GPU-basierte Lösungen von Nvidia (2).

Qualifiziert für den rauen Industrieeinsatz

Zu den wichtigsten Anwendungen gehören Elektromotoren, Robotik für die Fabrikautomation, Stromerzeugung, öffentliche Verkehrsmittel wie Aufzüge und Schienenfahrzeuge, chirurgische Robotik und medizinische Geräte wie Kernspintomographen sowie EV-Ladestationen. „K24 vereint die Kernkomponenten eines Embedded-Processing-Systems auf einem einzigen produktionsbereiten Board, so dass eine schnelle Markteinführung möglich ist“, erklärt Hanneke Krekels, Corporate Vice President, Core Vertical Markets von AMD.

Das K24 SOM ist für den Einsatz in industriellen Umgebungen qualifiziert und unterstützt laut AMD „mehr Design-Flows als jede Generation zuvor“. Dazu gehören vertraute Design-Tools wie Matlab Simulink und Sprachen wie Python mit ihrer umfangreichen Unterstützung für das PYNQ-Framework. Ubuntu und Docker werden ebenfalls unterstützt. „Softwareentwickler können auch die AMD Vitis Motorsteuerungsbibliotheken verwenden und dabei die Unterstützung für traditionelle Entwicklungsabläufe beibehalten“, sagt Khona.

Die Steckerkompatibilität ermögliche eine einfache Migration zwischen dem K24 und dem K26 SOM, ohne dass die darunter liegende Platine gewechselt werden muss. „So können Systemarchitekten Energie, Leistung, Größe und Kosten für energieeffiziente Systeme in Einklang bringen“. AMD bietet die K24 SOMs sowohl in kommerziellen als auch in industriellen Versionen an. Sie sind für eine Lebensdauer von 10 Jahren ausgelegt. Zusätzlich zur Unterstützung erweiterter Temperaturbereiche enthält das Industrie-SOM einen ECC-geschützten LPDDR4-Speicher für hochzuverlässige Systeme.

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Entwicklungskit KD240: Sofort loslegen

Passend zum K24 SOM bietet AMD das KD240 Drives Starter Kit an – eine sofort einsatzbereite, auf Motorsteuerungsanwendungen ausgerichtete Entwicklungsplattform, die einen „reibungslosen Weg zum Produktionseinsatz mit dem K24 SOM ebnen“ soll. Das FPGA-basierte Motorsteuerungs-Kit kostet knapp 400 US-Dollar. Es soll Entwicklern den Einstieg in den Design-Zyklus zu einem bereits fortgeschritteneren Zeitpunkt ermöglichen – sprich: Sie müssen ihr System nicht von Grund auf neu entwerfen, sondern könnten direkt mit der Applikationsentwicklung beginnen.

„Das AMD Kria K24 SOM und die KD240 Entwicklungsplattform bauen auf der Design-Erfahrung des Kria-SOM-Portfolios auf und bieten Lösungen für Robotik-, Steuerungs-, Vision-KI- und DSP-Anwendungen“, erklärt Hanneke Krekels, Corporate Vice President, Core Vertical Markets von AMD. Im Vergleich zu anderen prozessorbasierten Steuerungskits böte KD240 auch Entwicklungseinsteigern einen leichteren Zugang. So könnten Entwickler ohne FPGA-Programmierkenntnisse Applikationen entwickeln und verfeinern, obwohl das System auf einem leistungsfähigen System-on-a-Chip mit Field-Programmable-Gate-Array-Architektur basiere.

App Store: Vorkonfigurierte Motorsteuerungs-Apps beschleunigen Entwicklung

Dazu trägt laut Khona auch der mittlerweile umfangreich bestückte App Store bei, den Xilinx noch vor der Übernahme durch AMD eingerichtet hat. Der seinerzeit weltweit größte FPGA-Hersteller hatte im Frühjahr 2021 mit den Kria-SOMs neues Terrain betreten. Zentrale Komponente war eben dieser App Store, von dem sich Entwickler für die Kria-Boards vorgefertigte, jedoch anpassbare Programme für unterschiedliche Edge-Anwendungsszenarien herunterladen können. „Mit der Einführung des KD240 Starter Kits ist AMD nun der erste Anbieter vorkonfigurierter Motorsteuerungs-Apps, die es Anwendern ermöglichen, energieeffiziente Industrielösungen zu erstellen, die zuverlässig, verfügbar und mit erweiterten Sicherheitsfunktionen ausgestattet sind“, erklärt Krekels. Passend zum KD240 ist optional ein Motor Accessory Pack (MACCP) erhältlich. Weitere, separat erhältliche Motorkits sollen folgen.

Zuspruch erhält AMD vonseiten seiner Kunden. Greg Needel, CEO von Rev Robotics, ist überzeugt: „Das AMD Kria-SOM-Portfolio hat dazu beigetragen, robuste Hardware für Robotik und industrielle Edge-Anwendungen für die breite Masse verfügbar zu machen.“ Das neue K24 SOM und KD240 Starter Kit seien die richtigen Ergänzungen. Mit den Kria-SOMs ließe sich die Entwicklung selbst anspruchsvoller Regelkreisalgorithmen vereinfachen, man könne diese an wechselnde Software- und Hardwareanforderungen anpassen und „wirklich coole Dinge sowohl für kommerzielle als auch für Bildungseinrichtungen im STEM-Bereich bauen, also für Science, Technology, Engineering and Medicine.“

Das K24 SOM (kommerzielle und industrielle Version) und das KD240 Drives Starter Kit sind ab sofort über den Direktvertrieb und weltweite Vertriebspartner erhältlich. Die kommerzielle Version des K24 wird ab sofort ausgeliefert, die industrielle Version wird voraussichtlich im vierten Quartal 2023 verfügbar sein.(me)

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(1) Quelle: Energy Efficiency 2022, International Energy Agency, December 2022

(2) Basierend auf Tests der AMD Labs vom August 2023, bei denen die Standard-/Leerlaufleistung für das Kria K24 SOM mit dem xmutil-Plattformdienstprogramm gemessen während des Ladens eines Bitstreams zum Booten des SOMs (2,5 W) wurde. Vergleich der Ergebnisse mit den veröffentlichten Idle-/Default-Leistungsangaben für den NVIDIA Jetson Nano (10 W) und den NVIDIA Jetson TX2 (15 W). Die Ergebnisse können variieren.

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